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Gen. 3, 1-24

Adam erzählt

Liebe Nachmenschen,

ich freue mich, dass ich heute zu Ihnen sprechen kann. Eigentlich wollte ich heute Morgen ja in dem Fellkleid zu ihnen kommen, dass Gott mir gemacht hat. Aber das hätte sie wohl zu sehr gewundert. Da habe ich mich so angezogen, wie die Menschen, die sonst hier zu ihnen sprechen. Obwohl dieses Gewand – Talar nennen Sie es auch ein bisschen wunderlich aussieht.

Ach, ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt, Adam nennt man mich. Obwohl das ja eigentlich gar kein Name ist, es heißt ja nur Mensch, und Menschen sind wir doch alle.

Ich will ihnen also ein bisschen erzählen von damals, wie alles anfing.

Sie meinen: “Was hat der schon zu erzählen, damals gab es doch noch nichts Interessantes? Noch kein Fernsehen, kein Internet, keine Autos und ans andere Ende der Welt konnte er auch noch nicht fliegen, der hat ja nichts erlebt?”

Oh ihr Armen! Ich habe etwas erlebt, das werdet ihr euch nicht mal vorstellen können. Oder habt ihr eine Ahnung, was das Paradies ist?

Ihr redet davon, irgendetwas sei paradiesisch, und wenn ich es mir anschaue, ist es nur …..irgendetwas Schönes halt, was einen Augenblick hält und wieder vorbei ist. Oder eine Landschaft, wo noch keiner ein Hotel und eine Diskothek hingebaut hat. Was ihr paradiesisch nennt, hat mit dem Paradies nicht viel zu tun.

Könnt Ihr euch ein Leben ohne Sorgen vorstellen? Ohne Streit? Wo man nicht mal weiß, was das ist? Wo man alles hat und immer noch Neues entdecken kann? Wo alles wunderbar gemacht, und nichts kaputt ist? Wo Gott einen besuchen kommt und mit einem redet? Wo man nicht an ihm zweifeln muss und es nicht mal kann, weil er einfach da ist. Krankheit, Schmerzen, Tränen, davon hatten wir noch nie gehört!

Ich hab es noch erlebt, das Paradies.

Ich weiß, ihr könnt es nicht verstehen, wie es ist, wenn Gott bei einem ist, und alles gut ist.

Ihr habt da komische Vorstellungen, ihr denkt an Kirche und brav sein, und nicht machen dürfen, was ihr wollt und feierlich und so. Ach woher, fröhlich waren wir und gespürt haben wir, bei ihm ist es gut.

Wir hatten keine Angst vor ihm.

Wer das erlebt hat, der weiß, wonach sich Menschen sehnen. Alles, was ihr sucht, und was ihr haben wollt, ist eigentlich das verlorene Paradies. Und alles, was ihr findet, ist Ersatz, der nichts taugt.

Wir haben im Paradies gelebt, bis zu jenem Tag.

Wie soll ich euch erklären, was geschah? Gott hatte uns ein Gebot gegeben: “Esst nicht von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen, denn wenn du davon isst, musst du sterben.”

Natürlich haben wir nicht verstanden, was das ist. Aber warum sollten wir nicht darauf hören, wenn Gott es doch gesagt hat? Warum sollten wir ihm nicht vertrauen, sahen wir doch Tag für Tag, dass er gut war zu uns.

Wie kam es, dass wir dann doch auf etwas anderes hörten?

Auf einmal war da die andere Stimme: Ihr werdet nicht sterben, ihr werdet erkennen, was gut und böse ist, ihr werdet sein wie Gott. Auf einmal war da der Gedanke: Ob Gott uns wohl etwas vorenthält? Oh ja er hat uns etwas vorenthalten: Das Böse hat er uns vorenthalten, den Tod hat er uns vorenthalten. Die Angst … 

Was haben wir doch verpasst!

Warum konnten wir nicht sehen, was da auf uns zu kam?

Misstrauen schlich sich ein.

“Sein wollen wie Gott”, ja das war es wohl. Und wir waren seitdem nicht die Einzigen, denen es so ging.

Die Sucht nach dem, was man nicht hat, tritt an die Stelle der Freude über das, was man hat. Auf einmal existierte nur noch der verbotene Baum, alle anderen Bäume waren reizlos, scheinbar ohne Wert.

“Es sind die eigenen Wünsche, die den Menschen ködern und fangen. Wenn einer ihnen nachgibt, wird sein Begehren gleichsam schwanger und gebiert die Sünde. Und wenn die Sünde sich auswächst, führt sie zum Tod.” Das hat viel später jemand darüber geschrieben. Wie recht er doch hat. Wenn man zum Bösen verlockt wird, scheint es so einleuchtend so erstrebenswert und dann ist es doch nur schal und leer.

Und dann kam der schreckliche Augenblick: Wir nahmen von den Früchten und aßen: Oh ja, es gingen uns die Augen auf. Aber es war kein Augenblick des Triumphes. Es war Er­schrecken. Wir erkannten, was gut und böse ist, oh ja. Und zugleich erkannten wir, dass wir böse sind. Was gut und böse ist wissen, daran fehlt es ja bis heute nicht. Wisst ihr es nicht oft genug? Und wählt ihr dann nicht doch das Böse?

Wenn wir nur um gut und böse wüssten, das wäre ja noch nicht das Problem. Nein das Problem ist, dass wir das Böse auch tun. Immer wieder, seit diesem Moment. Und wenn man um gut und böse weiß wird man auch dafür verantwortlich gemacht.

        Wir erkannten, dass es Gefahren gibt. Und wir sahen, dass wir nackt waren. Natürlich waren wir es vorher auch. Aber es hatte keine Bedeutung. Wir brauchten uns nicht voreinander und vor sonst nichts zu verstecken. Wir wären ja gar nicht auf die Idee gekommen, irgendetwas zu tun, was der andere nicht wollte. Wir waren eins und nun waren wir Einzelne. Jeder stand für sich, und jeder war nun zu allem fähig.

Aber es war ja nicht nur, dass wir keine Kleider an hatten. Wir sahen, wie verloren wir waren in dieser Welt. Wir sahen, was die Tiere uns antun konnten. Wie bedrohlich war mit einem Schlag alles geworden. Vorher waren wir bedeutend, weil wir zu Gott gehörten, jetzt waren wir nur noch da. Kennt Ihr das? Dieses Gefühl unbedeutend zu sein in dieser Welt. Dass die Welt weitergeht, wenn man schon lange nicht mehr ist. Und dass es egal ist, ob man da ist oder nicht? Ohne Gott spürten wir es in einem Augenblick, wie klein und vergänglich wir waren.

Manche von euch sagen, es hätte so kommen müssen, sonst wären wir gar keine richtigen Menschen gewesen.

Sie haben ja keine Ahnung!

Von jetzt an waren wir keine richtigen Menschen mehr. Ihr seht, was an diesem Tag Neues hinzukam, Ihr ahnt aber nicht, was wir verloren haben!

Ihr sagt: Die Schlange habe doch recht gehabt, wir seien doch gar nicht gestorben. Aber nein! Wir waren tot in diesem Moment. Wir hatten alles verloren: Wir hatten unsere Gemeinschaft verloren, wir hatten das Einssein mit der Welt verloren und wir hatten Gott verloren.

Wir spürten es in einem Augenblick: Wir können nicht mehr mit Gott zusammen sein. Wir haben das Vertrauen gebrochen, es kann nicht mehr sein wie vorher. Wir hatten Angst, ein tiefer Riss klaffte nun zwischen ihm und uns. Vor Gott schuldig. Das unbefangene fröhliche Verhältnis mit ihm war vorbei. Wir konnten seine Gegenwart nicht ertragen.

Oh ja, körperlich sind wir nicht tot gewesen. Aber was jetzt kam, war nur noch ein langer Todeskampf.

Wir versteckten uns vor Gott, denn es war uns klar, dass er sofort sehen würde, was geschehen war. Und so kam es auch.

Schon mit dem ersten Satz habe ich mich verraten. Aber er hat es ohnehin gewusst. Es war die letzte direkte Begegnung mit ihm. Er zog aus unserer Tat die Konsequenzen. Unser Leben wurde so, wie es sein muss, wenn man auf sich allein gestellt ist.

Wir durften nicht mehr im Garten Eden bleiben. Der Zugang ist uns verwehrt.

Wie es dann weiterging? Ihr wisst es doch. Wir haben versucht, zu retten, was uns noch blieb: Unser körperliches Leben. Wir haben uns daran gemacht, die Welt in Besitz zu nehmen. Wir haben unsere Fähigkeiten gebraucht.

Ja wir wussten um Gut und Böse – an alle Geheimnisse gingen wir heran. An Wissen fehlte es uns nicht, aber es fehlte uns an der Kraft, das Gute zu tun. Alles, was wir schafften, haben wir auch missbraucht. Wir haben mit Äxten die Bäume gefällt und einander die Schädel eingeschlagen. Irgendwann hat einer dieses runde Ding, dieses………das Rad erfunden. Und nicht lange danach hat man Streitwagen daraus gemacht. So macht Ihr es ja bis heute. Heute verändert Ihr die Gene. Glaubt Ihr wirklich, damit würden nur Krankheiten geheilt und die Kartoffeln verbessert?

Es ging uns nicht nur darum, das Leben zu bestehen. Nein wir wollten auch groß herauskommen. Und wir konnten es nicht ertragen, wenn ein anderer es zu mehr brachte. Das fing ja bei meinen Söhnen schon an. Aber reden wir lieber nicht von dieser traurigen Geschichte.

Immer ging es darum, in dieser Welt etwas zu sein. Der Leere und Bedeutungslosigkeit zu entkommen. Der eine versuchte es so der andere anders. Auch das ist ja bis heute so geblieben. Irgendwie will man sich einen Namen machen, damit etwas von einem bleibt. Der eine will sich durch seine Arbeit unsterblich machen, der andere hängt sich einen Fanschal um und fühlt sich groß, wenn er in der Menge steht. Der eine fährt endlos weit, um irgendeinen Menschen ein paar Liedchen singen zu hören. Der andere kauft sich was zusammen, was ihn glücklich machen soll. Aber immer bleibt man doch nur ein kleines Pünktchen in einer kalten Welt.

Ihr seht, ich habe mich bei euch umgesehen.

Da hilft es auch nichts, wenn man sich immer ablenkt und nicht darüber nachdenkt. Irgendwo holt es einen doch wieder ein.

Irgendwann kam in uns so eine vage Hoffnung auf, Gott gnädig stimmen zu können, ihn zurückzugewinnen. Wir fingen an, ihn anzurufen, ihm Opfer zu bringen. Wir taten, was uns in den Sinn kam. Ob es uns dabei um ihn ging, um seine Nähe oder einfach nur um seinen Schutz – ich weiß es nicht.

Es gab so vieles, was uns Angst machte, da war es gut auf etwas zu hoffen. Aber wir blieben immer im Ungewissen, wie er zu uns steht. Wir hatten ja nichts, womit wir alles wieder hätten gut machen können.

Immerhin hatte er uns ja damals schon eine kleines Zeichen gegeben, dass er uns nicht ganz links liegen lässt. Immerhin hatte er uns die ersten Kleider gemacht und uns damit ein wenig ausgerüstet für das Leben.

Ihr dagegen habt es gut: Er ist wieder auf die Menschen zugegangen. Er hat ihnen zugesagt, dass er sie segnen will. Er hat euch sein Wort gegeben, in dem er euch sagt, dass er gut zu euch ist.

Und schließlich ist der neue Adam gekommen, der alles wieder in Ordnung bringt. Wie gut ihr es habt!

So wie durch einen die Sünde in die Welt kam, so kam auch durch einen die Gerechtigkeit. Ja es gibt wirklich nur einen der gerecht und gut war. Der nicht aus dem Vertrauen auf Gott ausgebrochen ist. Er ist auch in Versuchung geführt worden, aber er  hat widerstanden. Ja die Sünde ist wirklich durch einen in die Welt gekommen. Keiner von euch musste die Sünde noch erfinden. Ihr brauchtet es nur noch genauso zu machen wie eure Vorfahren. Aber ihr habt es ja auch getan. Ihr habt es getan und ihr habt es wieder getan. Ihr könnt gut und böse unterscheiden und habt oft genug das Böse gewählt. Ja ihr habt sogar Filme gedreht, die euch das Böse so richtig vormachen. Vergesst das nicht, wenn ihr mich anklagt.

So waren alle. Nur einer war gerecht. Er hilft euch auf den Weg der Gerechtigkeit. Er hat Vergebung für euch erwirkt: Wie habt ihr es gut. Keine Frage, Ihr lebt jetzt voller Dankbarkeit mit ihm! Diese Chance überbietet alles. Die werdet ihr nicht ausschlagen. Ihm gehört eurer Leben. Ihm wollt ihr angehören. Alles andere ist einfach undenkbar! Ihm nachzufolgen, das ist das Leben.

Was? Was hör’ ich da? Wie können sie sagen, meine Geschichte sei nicht wahr?

Nur weil da ein paar Einzelheiten nicht mit Euren Erkenntnissen über die Frühgeschichte der Erde übereinstimmen? Da tun ja manche sogar so, als hättet ihr eure Welt und euer Leben irgendeinem Zufall zu verdanken.

Ist es denn entscheidend wann und wo sich meine Geschichte abgespielt hat? Ihr zweifelt, dass es mich gibt?

Gibt es sie selbst denn? Erleben sie nicht das Gleiche? Sind sie nicht Menschen, die in dieser Geschichte vorkommen. Immer wieder! Ist es nicht eine wahre Geschichte?

Sie ist wahr, so wahr ich Adam bin, ein Mensch.

Amen.