Wie das Evangelium zu uns kam
Am Anfang nannte man die Christen, „die, die auf dem Weg sind“.
Heute sind Christen oft sehr ortsfest und allenfalls auf dem Weg irgendwo ein Sonderangebot abzugreifen, oder ein neues Traumurlaubsziel anzusteuern, oder zur nächsten Veranstaltung zu hetzen.
Ich werde heute von ein paar Menschen erzählen, die sich auf den Weg gemacht haben und was das mit ihrem christlichen Glauben zu tun hat.
Um das Jahr 415 wird in England ein 16-jährigerdurch plündernde Sklavenjäger von seinem Heimatort an einen Ort in Irland gebracht, wo er Schafe hüten muss.
Der christliche Glaube hatte sich ja im römischen Reich schon weit verbreitet und war auch in England schon angekommen. Der junge Mann ist in einer christlichen Familie aufgewachsen und sein Glaube gibt ihm nun in der schwierigen Situation Halt.
Nach 6 Jahren gelingt es ihm zu fliehen. Er kommt nach England zurück. Nach einigen Wanderjahren, über die wir nicht viel wissen, erlebt er eine Berufung. Eines Nachts, so schreibt er selbst, habe er Stimmen gehört, die ihn nach Irland zurückriefen.
Er reagierte jetzt nicht so, wie man es erwarten könnte, dass er nie wieder dorthin zurück gehen wird. Er folgt diesem Ruf und wird zum Missionar Irlands. Sein Name war Patrick und er wird als der Nationalheilige Irlands verehrt.
Was hat das mit uns zu tun? Nur Geduld. Das kommt noch.
Durch Patrick kommen viele Iren zum Glauben. Er gründet Klöster, Kirchen und Schulen.
Patrick gibt aber nicht nur seinen Glauben weiter, sondern auch seine Bildung. Irland erlebt einen kulturellen Aufschwung.
Was hat das mit uns zu tun? Nur Geduld. Das kommt noch.
Etwa 100 Jahre später machen sich aus Irland Mönche auf, nach Mitteleuropa, um den heidnischen und rückständigen Germanen den Glauben an Jesus Christus zu bringen. Und auch sie bringen eine Menge kultureller Errungenschaften, Handwerkskünste und anderes mit.
Als ich als Theologiestudent beim Lernen kirchengeschichtlicher Fakten auf die Iro-schottischen Mönche stieß, war das ein Faktum unter vielen, aber es hätte mich eigentlich schon mehr interessieren sollen, wieso sich denn Mönche aus Irland, Glauben weckend in Mitteleuropa betätigen mussten? Hätte es nicht umgekehrt sein sollen? Und wieso gab es so viele zur Mission bereite Menschen in Irland?
Naja, die Länder in der Mitte Europas waren eben auch nicht immer christlich. Und auch nicht immer fortschrittlich und an der Spitze der Entwicklung.
Inzwischen fangen wir ja an zu verstehen, dass dies auch nicht unbedingt so bleibt. Nur noch etwa die Hälfte der Deutschen gehört einer Kirche an. Und nur noch 19 % der Deutschen glauben, dass Gott sich in Jesus irgendwie offenbart hat. So viel zur religiösen Entwicklung.
Zu anderen Entwicklungen lesen Sie bitte aufmerksam die Tagespresse und nutzen Sie einfach die üblichen seriösen Medien.
Und damals war mit dem Zerfall des römischen Reiches auch vieles zerfallen, was in römischer Zeit den Weg nach Germanien gefunden hatte. Der christliche Glaube war keine relevante Größe.
Und nun kommen die Iro-schottischen Mönche. Sie kommen mit großem persönlichen Einsatz und mit viel Opferbereitschaft. Sie scheuen die Auseinandersetzung mit den heidnischen Überzeugungen und deren Vertretern nicht. Etliche von ihnen erleiden den Tod. Gott weckt durch sie aber auch Glauben. Sie gründen Klöster und geben Kultur und praktisches Wissen weiter.
In unserem näheren Raum spielt besonders Pirminius eine große Rolle. (Sie wissen, Pirminius, der Namensgeber der Stadt Pirmasens und Gründer des Klosters Hornbach)
Also, wir schließen langsam die Lücke zwischen St. Patrick und uns.
Ja, und zwischen damals und heute liegen viele Jahrhunderte und viele, viele Generationen christlicher Geschichte. So viele, dass man glatt vergessen kann, dass es auch anders sein könnte.
Das war so normal, getauft zu sein und im christlichen Trott mit zu laufen. Und mit dem getauft sein (klar und konfirmiert und kirchlich getraut und beerdigt), war ja auch alles in der richtigen Spur.
In der richtigen Spur ja, aber waren die Christen auch auf dem Weg?
Dass Christen auf dem Weg sind, das ist doch sehr verloren gegangen. Dass Christen auf dem Weg zu anderen Menschen sind, um Ihnen von dem, dessen Weg sie folgen, zu erzählen, das ist ziemlich verloren gegangen. War ja scheinbar nicht notwendig. Dafür gab es ja die Pfarrer.
Dieser Gedanke hält sich bei manchen sogar immer noch. Aber dieser Gedanke wird sich wohl erübrigen, da es künftig nur noch sehr wenige von dieser Sorte geben wird.
2000 Theologiestudenten gibt es noch in Deutschland. Das reicht bei weitem nicht, um den bequemen altbekannten Zustand wieder herzustellen.
Weder Patrick noch die Iro-schottischen Mönche hätten von sich aus etwas bewegen können. Wenn es nicht Gottes Absicht gewesen wäre, dass Menschen ihre Herzen für ihn öffnen, hätte sich nichts bewegt. Sie konnten nur dem Auftrag von Jesus folgen. Was daraus wurde, hatten sie nicht in der Hand.
Vor einigen Jahrzehnten war ein Argument gegen Mission: Die Menschen hier sind doch alle Christen. Den muss man das doch nicht sagen. Dass dieses Argument in Deutschland hinfällig ist, muss man wohl nicht mehr diskutieren.
Wenn nur noch 19 % aller Menschen in Deutschland sagen, dass Gott sich in Jesus offenbart hat – und das ist nun außer Frage ein absoluter Kerninhalt des christlichen Glaubens – dann ist der Bedarf, das Evangelium zu den Menschen zu bringen, offensichtlich.
Also, was hält uns ab?
„Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über“, so heißt es in der Bibel und so ist es Redewendung geworden.
Oder in aktuellem Deutsch formuliert: „Denn wovon das Herz voll ist davon redet der Mund.“
Eigentlich ist das Herz ja immer voll! Fragt sich nur mit was?
Mit Sorgen? Mit Aufgaben und Verpflichtungen? Mit dem Kampf gegen die Langeweile?
Ist es davon erfüllt, dass es einen liebenden Gott gibt, der sich über uns Menschen erbarmt, obwohl wir seine Absichten missachtet haben? Ist es davon erfüllt, dass er sich in Jesus uns zuwendet und wir durch ihn Barmherzigkeit erfahren, Begleitung im Leben bekommen und Hoffnung für alle Zeit haben können?
Ist es davon erfüllt, dass wir durch ihn ein anderes Lebensverständnis bekommen, dass wir uns als geliebt, gewollt, befähigt und beauftragt sehen können?
Ist es davon erfüllt, dass wir uns nicht als Zufallsprodukt ansehen müssen sondern erkennen können, dass wir in einen großen Plan eingebunden sind?
„Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über“
Wenn Sie gute Erfahrungen mit einer Behandlungsmethode durch einen bestimmten Arzt erlebt haben, dann werden sie diesen Arzt und diese Methode weiter empfehlen.
Ich empfehle zum Beispiel die chiropraktischen Übungen von Professor Laabs. Die helfen bei Hexenschuss, Ischias und Nackenverspannungen.
Manchmal können Menschen, die von etwas überzeugt sind ganz penetrant werden, weil sie es halt allen empfehlen wollen. Ist ja logisch, wenn man begeistert ist, wenn das Herz voll ist, dann geht der Mund über“.
Und jetzt stellen sich vor, es ginge nicht nur um sowas harmloses wie Hexenschuss. Stellen Sie sich vor, es ginge um eine tödliche Krankheit und sie wüssten, dass einer eine Behandlung durchführen kann, die rettet. Umso mehr würden sie, dies allen Betroffenen sagen.
Sie würden versuchen, die Betroffenen zu überzeugen. Sie würden sich überlegen, wie sie sie am besten überzeugen können. Sie würden ihre persönliche Erfahrung damit erzählen.
Und jetzt stellen Sie sich vor, es ginge nicht nur um eine tödliche Krankheit, die zum biologischen Sterben führt und nicht nur um eine Behandlung, die dieses biologische Sterben erst mal verhindert. Dass das biologische Sterben irgendwann eintreten wird, selbst wenn diese bestimmte Krankheit völlig geheilt würde, ist ja ohnehin unabwendbar
Stellen sich vor es ginge um Tod und Auferstehung und die Frage, wo man die ganze Ewigkeit verbringt.
Wie viel mehr müssten wir davon reden!
Es geht doch um die ganze Geschichte von Gottes Suche und Sehnsucht nach den Menschen. Es geht um den, der die heilsame Behandlung anbietet.
„Aber darüber redet man doch nicht. Das ist ja peinlich über seinen persönlichen Glauben zu reden!“
Wie bitte? Wirklich?
Es ist ihnen peinlich, darüber zu reden, was Jesus für sie getan hat?
Viele Christen reden über ganz viel christliches Zeug, über die Kirche, über die gute Gemeinschaft, über die kunstvolle Musik, die schönen Bauten. Aber sie reden nicht elementar über das, was Jesus für uns bedeutet. Und, viele Christen können es nicht auf den Punkt bringen, worum es geht. Sie haben es aus welchen Gründen auch immer, nicht gelernt oder nicht lernen wollen, das Evangelium verständlich weiterzugeben.
Der Apostel Paulus schrieb im Römerbrief: „Wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht, und wenn man mit dem Munde bekennt, so wird man gerettet.” (Römer 10,10).
Wenn man von Herzen glaubt, wie sollte dann dieser Glaube darin verborgen bleiben?
„Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über“.
Man muss ja nicht zum Redner werden, der Massen begeistert. Jeder kann seine Art finden, vom Glauben zu reden. Die Iro-schottischen Mönche haben den Menschen auch Handwerkstechniken nahegebracht. Sie haben aber dabei auch ihren Glauben nicht verschwiegen. Und wenn gar nichts vom Glauben aus dem Mund herauskommt, kann man schon auch mal fragen, was eigentlich im Herzen ist.
Nun habe ich von Irland geredet und von Germanien damals und heute und so will ich noch ein wenig davon reden, wie sich in unserer Zeit Menschen auf den Weg gemacht haben.
1973 fühlten 2 Männer die Berufung Menschen in Brasilien das Evangelium nahezubringen. Sie fanden Freunde die sie unterstützten. Ein Missionsverein wurde gegründet. Sie nannten ihn Evangeliumsteam für Brasilien.
Als das Werk vor 52 Jahren gegründet wurde, war Brasilien offiziell ein katholisches Land. Später und bis heute ist dort der Satz „Ich bin katholisch, aber nicht praktizierend“, häufig zu hören. Der galt sicher auch schon damals, denn die Menschen waren nicht durch Evangelisation in der Tiefe ihres Herzens erreicht worden. Dem Kontinent war der christliche Glaube ja übergestülpt worden.
In den vergangenen Jahrzehnten sind durch die Arbeit vieler christlicher Missionare, auch derer des Evangeliumsteams für Brasilien, Menschen zum Glauben an Jesus Christus gekommen. Heute sind ca. ¼ der Brasilianer Mitglieder evangelikaler Gemeinden. Viele dieser Gemeinden sind jung im doppelten Sinne des Wortes. Sie bestehen noch nicht sehr lange und ihre Mitglieder haben ein sehr junges Durchschnittsalter.
Als wir bei einer Reise in Brasilien an einem Gottesdienst teilnahmen, zu dem mehr als 1000 Menschen kamen, dachten wir erst es wäre ein Jugendgottesdienst. So jung erschien uns die versammelte Gemeinde. Aber es war der normale Gemeindegottesdienst.
Als junge Gemeinden stehen Ihnen noch manche Reifeprozesse bevor. Es gibt naturgemäß auch einigen Wildwuchs der nicht gut ist.
Die Rolle der Europäer in solchen Missionswerken hat sich gewandelt. Sie sind nicht mehr die Initiatoren sondern die Förderer der Arbeit, die dort von einheimischen verantwortet und durchgeführt wird.
Inzwischen hat auch schon eine Gegenbewegung eingesetzt. Menschen aus Brasilien kommen nach Europa, um den Germanen das Evangelium nahezubringen. Der Weg ist zwar weiter, als der aus Irland, dafür haben sich die Reisemöglichkeiten aber verbessert und auch die Sicherheitslage der Missionare ist eine andere geworden. Die Gefahr wegen der Missionstätigkeit erschlagen zu werden ist deutlich gesunken.
Gottes Mission in die Welt läuft.
Wir können Teil davon sein, und damit ausdrücken, wie sehr er unser Herz erfüllt.Wer das Evangelium anderen Menschen nahe bringt, kann auch selbst immer wieder die begeisternde Erfahrung machen, wie Menschen froh werden, wenn sie ihr Herz Jesus öffnen.
Amen.
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